Schon lange entwickelt sich Berlin in den Untergrund, vor allem in den zentralen Bereichen der Stadt. Erst waren es die Fundamente und Untergeschosse von Gebäuden, dann folgten die ersten vernetzten Infrastrukturen, angefangen mit Gas (1826), gefolgt von Wasser (1856), der Kanalisation (1878) und Elektrizität (1882), und mit der U-Bahn (1902) wurde auch ein Teil der Erschließung tiefergelegt. Unter der Straßenebene entstand eine zweite Ebene des Verkehrs. Der Untergrund erhielt eine öffentliche Dimension, die Straßen erhielten ein unterirdisches Pendant. Der U-Bahn und ihren Bahnhofskomplexen folgten unterirdische Passagen, unterirdische Stadt- und Regionalbahnen und unterirdische Straßen und Parkhäuser. Und mit jedem neuen Infrastruktursystem und jedem neuen Gebäude wurden die Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen oberirdischen und unterirdischen Strukturen komplexer.
Aus Perspektive der Straßen blieb diese Entwicklung, weil unterirdisch, zumeist verborgen. Analog zu dieser phänomenologisch bedingten Spaltung – ober- und unterirdische Strukturen sind nicht gemeinsam zu erfassen – werden „Stadt“ und „Untergrundstadt“ bis heute weitestgehend getrennt betrachtet, als handle es sich um zwei an der Straßenebene zu trennende, alternative Realitäten: oben die „Welt“ der Straßen, Plätze und Gebäude, unten die „Welt“ der technischen Infrastrukturen und logistischen Anlagen. Dies gilt im Besonderen für die in Blöcken organisierte Stadt des 19. Jahrhunderts und ihre „rekonstruierten“ Wiedergänger der 1980er, 1990er und 2000er Jahre. Dabei sind oberirdische und unterirdische Strukturen, und analog dazu Architektur und Infrastruktur, schon immer getrennt und zugleich untrennbar verbunden.
Dies ist ein kurzer Ausblick auf den Text, der Anfang 2022 in der Publikation des Projektes erscheinen wird.