Philine Puffer
»click the stars«

Videoclips im »Berliner Fenster«
 
Audio-Essay, 14. und 15. August, 18. September
Startpunkt:
am 14. August: U8 Station Franz-Neumann-Platz
am 15. August: U8 Station Leinestraße
am 18. September: U8 Station Leinestraße
 
Anmeldung unter: kunst-im-untergrund[at]ngbk.de
 
 
Im »Berliner Fenster« ist die Arbeit Von PHILINE PUFFER in Form von kurzen Videoclips zu sehen. Gezeigt werden Internet-Kommentare und -Bewertungen zu Berliner U-Bahnhöfen, die nach unterschiedlichen Kriterien gesammelt und organisiert wurden. Das Material stammt hauptsächlich aus Google-Rezensionen. Die User_innen äußern sich sehr unterschiedlich: beiläufig, humorvoll, unzufrieden. Die kurzen Clips sollen sich unauffällig unter die Werbung, Veranstaltungshinweise, Wettervorhersage und lokalen Nachrichten mischen, die normalerweise das Programm des Fahrgastfernsehens in den Berliner U-Bahnen bilden.
 
Die Arbeit verdeutlicht, dass die körperlich erfahrene Realität inzwischen untrennbar mit der virtuellen Wirklichkeit verflochten ist. Es verwundert nicht, wenn physisch begehbare Orte auch im Internet stattfinden und als Teil der Big Data-Wirtschaft monetarisiert werden. So vergibt Google Punkte für jede im Internet abgegebene Rezension oder Bewertung sowie für geteilte Fotos und Videos. Inhaber_innen eines Google-Kontos können als sogenannte Local Guides verschiedene Level erreichen und die gesammelten Punkte anschließend in unterschiedliche Vorteile umwandeln.
 
Bahnhöfe werden oft als neutrale Funktionsorte oder sogar als Nicht-Orte angesehen – im Sinne von Durchgangsräumen, die nur für einen zeitlich begrenzten Aufenthalt geschaffen sind. Die Abwesenheit von wachsenden sozialen Beziehungen und einer gemeinsamen Geschichte konstituiert die Natur dieser Räume. Eine persönliche Bewertung wirkt daher, im Hinblick auf die vermeintliche Neutralität des Raumes, absurd und bizarr. Wenn eine Person aufgrund der Bewertung einen Bahnhofes für schlecht hält, würde sie dann einen anderen wählen, auch wenn dieser ungünstig zu erreichen wäre? Eher nicht – es sei denn man fühlt sich extrem unsicher oder sehr unwohl.
 
Hinter den scheinbar unbedeutenden Bewertungen verbirgt sich somit bei näherem Hinsehen weitaus mehr. An den teilweise überraschenden Bemerkungen lassen sich aktuelle gesellschaftliche, politische und ökonomische Tendenzen ablesen: Wer fühlt sich wo zugehörig? Wer darf wo was machen? Wer fühlt sich wo wie? Für einige Personen ist der Hinweis, dass auf einem U-Bahnhof Drogenhandel stattfindet eine Fünf-Sterne-Information, andere lehnen dies ab und vergeben nur einen Stern. Genauso sind bestimmte hygienische Zustände für einige Kommentator_innen unhaltbar, andere sehen darin typisches Berliner Flair.
 
Aus diesen subjektiven Meinungen, die Philine Puffer methodologisch gesammelt und katalogisiert hat, werden Spannungen im Bezug auf Klasse, Gender und Zugänglichkeit deutlich. Welche Perspektiven und Handlungsoptionen würden sich aufzeigen, wenn diese Äußerungen das Potenzial hätten, unsere Stadt zu verändern?
 
 
PHILINE PUFFER (*1985 in Berlin) studierte Architektur und lebt und arbeitet in Berlin. Die wechselhafte Beziehung zwischen dem digitalen und urbanen Raum steht derzeit im Fokus ihrer künstlerischen Praxis.